Aufführungen der DS-Kurse – Bühnenträume – Lebensräume / Lebensträume

Die Arbeiten der Jahrgangsstufe 12 des Burggymnasiums im Fach „Darstellendes Spiel“ (DS) finden ihren Höhepunkt in einem jährlich stattfindenden Theaterabend, an welchem die Abschlussarbeiten aufgeführt werden. In diesem Jahr gab es zwei gut besuchte Aufführungen am 04.07.23 in der Aula der Schule mit den Titeln „Peter Pan“ und „Red Whale Challenge“.

Ein Land voller Wunder und Magie, wo die Zeit stillsteht und niemand jemals erwachsen wird.
Ein Land voller Abenteuer und Geheimnisse, wo nichts unmöglich scheint und Träume wahr werden können.
Ein Land ohne das Konzept von Recht und Unrecht und vor allem ohne Verantwortung.

Und schon wurde das Publikum in das atemberaubende Nimmerland entführt.
Diese Einführung wird von Wendy selbst übernommen, oder sollte man lieber sagen, von den Wendys? Denn in diesem Stück wird für die fiktive Figur Wendy eine Figurensplittung vorgenommen, das heißt, Wendy wird von drei Darstellerinnen in verschiedenen Facetten verkörpert. Diese durchbrechen sogar die vierte Wand und kommunizieren direkt mit dem Publikum.

 

Gleichzeitig erfolgt die Vorstellung des bunten Ensembles, das unter anderem aus den verspielten verlorenen Jungs, Tiger-Lily und selbstverständlich Peter Pan, dem mutigsten und abenteuerlichsten von allen, besteht. Hierbei sind nicht nur die Darsteller:innen in eine kindliche und verspielte Atmosphäre eingetaucht, auch das gesamte Publikum ist wie verzaubert und lauscht begeistert dem kindlichen Enthusiasmus.

Doch schnell wird klar, nichts ist perfekt und alles besitzt auch Schattenseiten.
So gibt es trotz all der Freude und Freiheit auch Gefahren im Nimmerland.
Die gemeinen Piraten, unter der Führung des furchteinflößenden Captain Hooks, entführen Tiger-Lily und erhoffen sich so Peter Pan in eine Falle zu locken. Schließlich macht sich dieser tatsächlich, in Begleitung von den verlorenen Jungs und Wendy, auf den Weg, um Tiger-Lily zu retten.

Als Peters „genialer“ Rettungsplan schiefgeht, bricht eine wilde Kissenschlacht aus…
Huch, auf einmal unterbricht der „Banana Boat Song“ von Harry Belafonte die Szenerie. Durch eine übernatürliche Macht beginnen die Figuren zu tanzen bis sie schließlich erschöpft zu Boden gehen. Aber hiermit ist das Stück noch nicht zu Ende. Die Darsteller:innen stehen wieder auf und werden erneut von dem Lied unterbrochen. Diese Wiederholung setzt sich noch weitere Male fort und mit jedem Mal mehr realisieren die Charaktere, wie sinnlos und endlos der Kampf zwischen den beiden Fronten ist.

Regie des Stückes führte DS-Lehrer Philip Krause, unter dessen Leitung sich die Schüler das bunte und kreative Stück erarbeiteten.

Pause. Umbau.

Das Licht auf der nackten Bühne geht an, eine Schülerin, oder doch eine Schauspielerin wird heftig aus dem OFF auf die Bühne gestoßen, sie steht allein vor dem Publikum, möchte da eigentlich gar nicht sein, hat auch ihren Text vergessen, weiß nicht, was sie sagen soll, was sie da überhaupt tun soll, will weg von der Bühne, ist verzweifelt, so allein, sie steht einem Publikum gegenüber, alles fremde Leute. Aber da kommen auch schon Schüler:innen, schrille Figuren in seltsam überdrehten Outfits, die sie schubsen, festhalten, und sie auffordern zu spielen. Sie solle einfach nur spielen.

 

Weitere Schüler:innen kommen auf die Bühne, in Gruppen, fordern sie auf endlich zu spielen, sie wendet sich ratlos an das Publikum: spielen? Ja, was? Eine ganze Horde von Schüler:innen stürmt auf die Bühne, brüllen sie an, sie solle endlich spielen. Die Schülerin bricht auf der Bühne zusammen, die Gruppe verschwindet, der Vorhang schließt sich, öffnet sich dann wieder und wir sind auf Klassenfahrt. Es geht in die Schweiz, in ein Hotel.
Dort treffen sich Schüler:innen aus drei verschiedenen Schulen: Hauptschüler:innen, Gymnasiast:innen, Schüler:innen einer Privatschule.

Lebenswelten prallen aufeinander. Ausgehend von Konzepten der Commedia dell’Arte und deren Weiterentwicklung in moderne Formen der Schauspielästhetik erscheinen schrille, überzeichnete Figuren auf der Bühne, laut und überdreht, stets übertrieben. In dieser Welt taucht ein Spielleiter auf, unheimlich, ganz in Schwarz, mit Maske, oder ist es eher ein Zauberer, vielleicht doch ein Avatar und er kann sogar die Schüler:innen an- und abschalten, weil er ihnen Challenges auferlegt.

Ein Spiel beginnt, zunehmend parodistisch- splatterartig, in dem die Schüler:innen Aufgaben ausführen müssen, ohne diese zu hinterfragen, sie tun es einfach, manchmal wie fremdgesteuert und die Herausforderungen werden zunehmend gefährlicher, bis dahin, dass eine Schülerin einer anderen Schülerin eine Hand abhacken soll. Wo soll das alles nur enden? Ein Schrei. Es geht weiter. Der Mann in Schwarz mit Maske kommt erneut ins Spiel, weil eine Schülerin es nicht mehr aushält, sie will aussteigen aus diesem Spiel, und der Avatar befiehlt einer versnobten Internatsschülerin in Badelatschen, mit chinesischem Sonnenschirm in Rot die Aussteigerin, eine Hauptschülerin, zu bestrafen durch Tod mit dem Säbel. Entsetzen.

Der Vorhang geht zu. Die Schauspielerin vom Beginn des Stückes kommt erneut auf die Bühne, setzt sich allein an die Rampe, sagt nichts, bläst Seifenblasen ins Publikum, währenddessen alle Figuren der Challenges nacheinander auf die Bühne kommen, sich ebenso neben sie auf die Rampe setzen, stumm, still, Seifenblasen schweben Richtung Publikum.
War es ein schlechter Traum? Wahnvorstellungen? Kopfkino? Social Media Life of average pupils?
Fantasiewelten aus einem ChatGPT-Script?
Die Protagonistin, eine Figur, immer noch ohne Namen, steht auf, sagt, dass sie jetzt keine Lust mehr habe, verlässt die Bühne und alle Figuren folgen ihr. Stumm.
Ende.

Red Whale Challenge, so der Titel des Stücks, ist eine Eigenproduktion des DS-Kurses der Jahrgangsstufe 12 unter der Leitung des DS-Lehrers Thomas Baumann.

Neben einem intensiven Applaus breitete sich im Publikum eine Stimmung aus Ratlosigkeit und Unverständnis aus.

P.S.: Ganz besonders bedanken sich die DS-Kurse bei Nicolas Moll, noch Schüler am Burggymnasium, jetzige Jahrgangsstufe 13, für seine großartige Unterstützung in Form von Licht- und Tonregie.

Thomas Baumann

 

Ein Beitrag zu den Aufführungen erschien auch in der Wetterauer Zeitung am 25.07.2023.