Künstliche Intelligenz: Mythos und Realität – Professor Humm diskutiert mit Schülerinnen und Schülern des Burggymnasiums

„Innerhalb von zehn Jahren werden Computer uns nicht einmal als Haustiere halten.“ Diese gewagte Prognose stammt nicht etwa aus der gegenwärtigen Diskussion über künstliche Intelligenz (KI), sondern aus dem Jahre 1970. Mit diesem Zitat von Marvin Minsky (amerikanischer KI-Forscher) belegte Professor Humm, dass es in der Vergangenheit bereits einen Hype um KI gab und dass eine gesunde Skepsis gegenüber Zukunftsprognosen angebracht ist. Bernhard G. Humm ist geschäftsführender Direktor des Instituts für Angewandte Informatik an der Hochschule Darmstadt. Er forscht in den Bereichen „Angewandte künstliche Intelligenz“ und „Software-Architektur“. An das Burggymnasium wurde er eingeladen, um die Schüler und Schülerinnen der Q3-Phase über Möglichkeiten und Grenzen der KI zu informieren.

Nachdem er den typischen zeitlichen Ablauf eines Hypes erläutert hatte, wurden die grundlegenden Unterschiede zwischen Mensch und Maschine zusammen mit den Schülerinnen und Schülern herausgearbeitet. Anschließend stellte Professor Humm am Beispiel eines Projektes aus dem Bereich der Psychotherapie eine realistische Anwendungsmöglichkeit der KI vor. Eines der Probleme bei der Behandlung von Patienten, die unter der Borderline-Persönlichkeitsstörung leiden, ist, dass sie ihre Therapie oft vorzeitig abbrechen. Das Ziel dieses Projektes bestand darin, die Therapeuten frühzeitig davor zu warnen, dass ein Borderline-Patient seine Behandlung abbrechen möchte. Als Teil der Therapie füllten die Patienten regelmäßig Fragebögen aus. Der Computer sollte in den Antworten der Patienten Muster erkennen, die typischerweise bei den Abbrechern auftreten, und dann die entsprechende Warnung ausgeben. Das Erkennen solcher Muster ist die Stärke der KI-Programme. Dazu werden die Programme zunächst mit Hilfe von möglichst großen Datensätzen „trainiert“. Anschließend muss mit neuen Daten getestet werden, ob die angestrebte Vorhersagegenauigkeit erreicht werden kann. Oft erweist sich die KI als zuverlässiger und schneller als der Mensch. Dennoch ist es nicht immer unproblematisch, Computerprogrammen die Entscheidungen zu überlassen. So berichtete Professor Humm vom Hochfrequenzhandel an der Börse, wo Computer Unternehmensnachrichten und das Verhalten der anderen Marktteilnehmer auswerten und beispielsweise Aktien innerhalb kurzer Zeiträume kaufen oder verkaufen. Aufgrund einer Falschmeldung über ein Unternehmen kam es zu einem massiven Kurssturz der entsprechenden Aktie. Die Börsianer wären dagegen nicht auf die Falschmeldung hereingefallen und hätten die Aktien nicht verkauft.

Eine lebhafte Diskussion entwickelte sich im Anschluss zwischen den Schülerinnen und Schülern des Burggymnasiums zum Thema sinnvolle beziehungsweise gefährliche Anwendungen der KI. Insbesondere bei der Frage, wie mit autonomen Waffen umzugehen sei, gab es kontroverse Meinungen. Während Viele den Maschinen keine Entscheidungsmöglichkeiten über Leben und Tod geben wollten und eine Ächtung (wie im Falle der Chemiewaffen) forderten, gab es auch Stimmen, die davor warnten, Diktatoren dieses Feld zu überlassen. Eine weitere Diskussionsrunde, die durch Professor Humm angestoßen wurde, drehte sich um den Einfluss der KI auf den Arbeitsmarkt. Auch hier war spürbar, dass es sich um eine Fragestellung mit hoher Relevanz für die Schülerinnen und Schüler handelt. Die Veranstaltung endete schließlich mit einem donnernden Applaus für den Referenten.